Youtube Link zur Frontal21 Doku über Thorsten Polleit und die Desgussa Gold.
Zur Person:
Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Honorarprofessor am Lehrstuhl für Volkswirtschatslehre V insb. Institutionenökonomik unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Leschke als Lehrtsuhlinhaber. Darüber hinaus ist Polleit Chefökonom der Degussa Goldhandel GmbH.
Polleit und Degussa:
Thorsten Polleit ist (seit 2012) Chefökonom der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH [(Quelle) (Quelle)]. Das ist auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches, doch schauen wir uns das Unternehmen doch einmal genauer an.
1873 wurde die ‚Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals Rössler AG‘ in Frankfurt gegründet (Quelle). Die Rechtsnachfolgerin der ‚Degussa vormals Rössler AG‘, ist die heutige Evonik Industries AG (Quelle).
Im Jahr 1998 gab die damalige Frankfurter Degussa AG bei dem US-Amerikanischen Historiker Peter J. Hayes eine unabhängige Studie in Auftrag, die die Geschichte der ‚DEGUSSA vormals Rössler AG‘ in der Zeit von 1933 – 1945 aufarbeiten sollte. Die Erkenntnisse wurden in dem Buch ‚Die Degussa im dritten Reich: Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft‘ veröffentlicht. (Quelle)
Heraus kam dabei, dass die Gedussa zur Zeit des NS Regimes ihr Vermögen neben Arisierungen (Übergang jüdischen Eigentums an ‚rein deutsche‘ Unternehmen) und Zwangsarbeiter*innen aus Konzentrationslagern auch dadurch aufbaute, dass deren Tochterfirma Degesch (Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung m.b.H.) als Inhaberin des Patentes zur Herstellung von Zyklon B, selbiges an das NS Regime verkaufte. (Quelle)
Doch was hat das mit der ‚Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH‘ und Thorsten Polleit zu tun? Vorweg: sie ist nicht ‚Rechtsnachfolgerin der DEGUSSA vormals Rössler AG‘; dies ist wie erwähnt die Evonik Industries AG. Vielmehr kaufte der Gründer der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH August von Finck im Jahr 2010, also ca. 5 Jahre nach öffentlicher Bekenntnis der Gedussa hinsichtlich der NS Verbrechen, die Rechte am Namen Degussa und verwendete diese noch im selben Jahr für die Gründung der „neuen“ Degussa. [(Quelle); (Quelle); (Quelle)] Nach Angaben der Zeitung Die Welt soll ihm dies sogar schlappe 2 Millionen Euro wert gewesen sein. Danach warb die Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH mit der langen Tradition des Unternehmens und wirbt heute noch immer auf der eigenen Homepage mit der Tradition des Namens. (Quelle: vgl. festgestellter Sachverhalt OLG München, Urt. v. 7.11.2013 – 29 U 1883/13)
2 Jahre später – im Jahr 2012 – wurde Thorsten Polleit als Chefökonom angestellt. Die Kapitalholdinggesellschaft, über die August von Finck den Namenskauf abwickelte und die zugleich die Eigentümerin der Degussa Sonne/Mond GmBH ist, (Quelle) ist die Substantia AG, die ihren Firmensitz, genau wie die Degussa am Promenadenplatz 12 in München hat. [Quelle: vgl. Handelsregister Bekanntmachungen des Amtsgericht München vom 17.08.2021 2:03 (Aktenzeichen: HRB 188979) und vom 28.08.2021 2:02 (Akz: HRB 200180)]
Besonders perfide: August von Finks Vater, August von Fink Senior baute das Vermögen der Familie ebenfalls unter anderem durch Arisierung im dritten Reich auf und übernahm 1938 die Privatbank S. M. v. Rothschild in Wien, sowie die Berliner Niederlassung der Bank J. Dreyfus & Co. [Quellen: (Sandgruber, Roman: Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses. Molden Verlag, Wien, 2018.); (Köhler, Ingo: Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich. In: Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmungsgeschichte, Band 14, 2. Auflage, 2008, S. 305 ff.)] Einen Teil des Väterlichen Vermögens erbte August von Finck Junior. [(Quelle); (Quelle)]
Was bedeutet das? Während die Evonik AG den untypischen Schritt machte die eigene Vergangenheit umfassend zu beleuchten und aufzuarbeiten, entschied sich der Gründer der heutigen Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH, nach Veröffentlichung der NS Vergangenheit, bewusst dafür sich den Namen Degussa anzueignen und mit diesem sogar zu werben.
Es handelt sich bei dem Namen also nicht um ein weitergegebenes Erbe der NS Zeit, sondern um eine Bewusste und gezielte Entscheidung. Als wäre das nicht genug kommt eben hinzu, dass sich das Vermögen des Gründers selbst ebenfalls zu Teilen auf Arisierung zurückführen lässt.
Doch das ist nicht alles. In den Jahren 2014 und 2015 betrieb die AfD einen Goldshop im Internet. Nach Angaben des Spiegels und der Zeitung WOZ soll aus einer diesen vorliegenden Lieferliste der Geschäftsstelle der AfD hervorgehen, dass ein Großteil des Goldes hierfür von der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH stammte. Die AfD soll laut dem Bericht in den beiden Jahren jeweils 2 Millionen Euro mit dem Verkauf dieses Goldes umgesetzt haben. Polleit ist der Chefökonom dieses Unternehmens!
Polleit, Mises Institut und die Abschaffung der Demokratie:
Noch im selben Jahr seiner Anstellung bei der Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH gründete Polleit als Präsident zusammen mit Andreas Marquardt das Ludwig von Mises Institut Deutschland, (Quelle) dessen Sitz sich im selben Gebäude wie das der Degussa befindet. [(Quelle); (Quelle)]
Dem wissenschaftlichen Beirat dieses Instituts gehört auch Prof. Dr. Hans-Herrmann Hoppe an. Hoppe verbreitet neben ‚anarchokapitalistischen‘ auch immer wieder Ansichten, die als rassenbiologisch eingeordnet werden können. So bezeichnet er in einem Interview der Zeitschrift ‚eigentümlich frei‘ Immigrant*innen in westlichen Staaten als „anpassungsunwillige Fremdlinge“, deren „Intelligenzquotient weit unter den Durchschnittswerten der Aufnahmeländer liege“, weshalb die „Schmarotzerquote noch unter der der einheimischen Bevölkerung liege“. (Quelle: „Frankreich brennt – eine kurzfristige Alternative: Selbst bewaffnen gegen das „Gesindel“? Warum es gilt sich auch in Deutschland auf den Ernstfall vorzubereiten. Interview mit Hans-Hermann Hoppe. Interview von Andre F. Lichtschlag, in: eigentümlich frei Nr. 58 I /2005/06, S. 21)
Auch die Wortwahl Hoppes trägt faschistoide Züge und klassistische Ansichten. In einer Vortragsreihe des Mises Instituts Deutschland spricht Hoppe (Minute: 27:43) von Einkommensschwachen Schichten und Sozialhilfeempfänger*innen als ‚Parasitenklasse‘ die zu einer ‚hässlichen Plage wachse‘ – eine Wortwahl, die auch das NS Regime zu Propaganda Zwecken als Bezeichnung für nach eigener Ansicht minderwertige Menschen verwendete. Dies ist nicht nur, doch auch nicht zuletzt unter Berücksichtigung der personellen und räumlichen Nähe zwischen Mises Institut und der Degussa Goldhandel GmbH in Hinblick auf die dargestellte Namenshistorie der Degussa höchst fragwürdig.
Die Person Hoppe ist jedoch nicht nur im wissenschaftlichen Beirat des von Polleit gegründeten Ludwig von Mises Instituts Deutschland und hält in diesem Rahmen Vorträge. Polleit selbst schreibt im Vorwort zu Hoppes Buch ‚Der Wettbewerb der Gauner‘ das Studium von Aufsätzen Hoppes hätte sein Denken ‚nachhaltig beeinflusst‘ und bezeichnet Hoppe als einen der ‚bedeutendsten Sozialwissenschaftler der Gegenwart‘. (Quelle: Thorsten Polleit in: Hoppe, Hans-Herrmann (2012), Der Wettbewerb der Gauner: Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft, 1. Auflage, Berlin)
Darüber hinaus schreibt Polleit in selbigem Vorwort über Hoppe er entlarve ‚Anti-Diskriminierungsgesetze als schwerwiegende Aggression gegen die privaten Eigentumsrechte‘ und zeige, dass diese ‚nichts anderes als Übelstände‘ nach sich zögen. Hier wird auch Polleits persönliche Einstellung zum Thema Diskriminierung deutlich. (Quelle: Thorsten Polleit im Vorwort zu: Hoppe, Hans-Herrmann (2012), Der Wettbewerb der Gauner: Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft, 1. Auflage, Berlin)
Doch noch eine weitere Ansicht ist es, die Hoppe und Polleit teilen. Den laut Polleit ‚ethisch akzeptablen‘ Gang in die Privatrechtsgesellschaft. Eine Vorstellung in der sich die Regeln des Zusammenlebens nicht nach demokratischen Grundsätzen, sondern allein nach Eigentumsverhältnissen bestimmen. (Quelle: vgl. Hoppe in: Hoppe, Hans-Herrmann: Frankreich brennt – eine langfristige Alternative: Der Staat und die Zuwanderung und die natürliche Ordnung als Gegenmodell. eigentümlich frei Nr. 58 I /2005/06, S. 16)
Die faschistischen Züge dieser Dystopie liegen auf der Hand: Eine staaten- und demokratielose Zukunft, in der Eigentümer*innen alleinige unbeschränkte Herrschaftsgewalt über und auf ihrem Eigentum haben führt zu einer vollständigen Ausgliederung und einem absoluten Rechtsentzug von Einkommensschwachen und Einkommenslosen Schichten der Gesellschaft.
Menschenrechte existieren hier nicht… Gesetz wird allein die Willkür der Besitzenden. Wer nicht besitzt ist dieser Willkür unterworfen. Wer sich eine Privatarmee aufstellen kann hätte gute Chancen. Z.B. aufgrund von Unfällen oder Erkrankungen arbeitsunfähige Personen würden, da sie keinen Nutzen mehr für diese bedeuten, von Eigentümer*innen von deren territorialem Eigentum – zur Not gewaltsam – entfernt und würden schlicht heimatlos. (Quelle: vgl. Hoppe in: Hoppe, Hans-Herrmann: Frankreich brennt – eine langfristige Alternative: Der Staat und die Zuwanderung und die natürliche Ordnung als Gegenmodell. eigentümlich frei Nr. 58 I /2005/06, S. 16)
Asylsuchende hätten keinen Anspruch und keine Aussicht mehr ein solches auch nur irgendwo zu bekommen, es sei denn ein praktischer Nutzen für Eigentümer von Territorien könnte sich aus der Möglichkeit zur Ausbeutung ergeben.
Schlussendlich wäre es schon unmöglich sich ohne weiteres frei zu bewegen, da öffentliche Wege und Straßen nicht mehr existieren würden.
Eine solche Zukunft geht vor allem zu Lasten von bisher ohnehin schon ausgebeuteten Gesellschaften und Kulturen, denen jeglicher Zugang zum Eigentumserwerb ohnehin verwehrt ist und hätte eine völlige Unterwerfung dieser unter die Macht von Großkapitalist*innen zur Folge. Zustände wie im Manchesterkapitalismus wären vermutlich noch der glücklichste Ausgang einer solchen Zukunft.
Dabei machen Polleit und Hoppe kein Geheimnis daraus, dass sie Demokratie als solche per se ablehnen. In Bezug auf Hoppes Buch ‚Democracy: The God That Failed’ schreibt Polleit, die Demokratie sei die „wohl bislang mächtigste theoretische Entzauberung und Ablehnung der Herrschaft der Mehrheit“. (Quelle: Thorsten Polleit im Vorwort zu: Hoppe, Hans-Herrmann (2012), Der Wettbewerb der Gauner: Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft, 1. Auflage, Berlin)
Eine letzte Sache ist Fakt: Polleit bezeichnet Hoppe als der Österreichischen Schule zugehörig. (Quelle: Thorsten Polleit im Vorwort zu: Hoppe, Hans-Herrmann (2012), Der Wettbewerb der Gauner: Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft, 1. Auflage, Berlin) Laut Aussage von Prof. Dr. Martin Leschke in einem Interview des FALTER vom 31.Mai 2021 sei Polleit selber genau zur Vertretung dieser Ansichten, der des Libertarismus und der Österreichischen Schule, an die Uni Bayreuth geholt worden… Darüber kann man nun denken, was man will! Das alles ist jedenfalls nur die Spitze des Eisbergs, doch der ganze Eisberg könnte ganze Bücher füllen und er ist groß und kalt… sehr kalt.